Im Rahmen von Industrie 4.0 entstehen intelligente und vernetzte Fertigungsprozes­se, die Arbeitsabläufe optimieren.

von Tobias Fischer

Die industrielle Fertigung steht kontinuierlich vor neuen Herausforderungen. Innovative Produkte kommen in immer kürzeren Abständen auf den Markt, Kunden bevorzugen maßgeschneiderte Produkte und erwarten kurze Produktionszeiten, um ihren Bedarf möglichst schnell zu decken. Im Rahmen von Industrie 4.0 entstehen deswegen intelligente und vernetzte Fertigungsprozesse, die Arbeitsabläufe effizienter, schneller und flexibler machen. 3-D-Druck ist dabei eine der Schlüsseltechnologien, die die Wertschöpfungskette der Zukunft nachhaltig verändern werden.

Der 3-D-Druck bzw. die additive Fertigung ermöglicht enorme Einsparungen über die gesamte Lieferkette hinweg. Mit den neuen digitalen Produktionsansätzen wird eine digitale Lieferkette geschaffen – es entstehen vernetzte Workflows vom Einkauf bis zum Vertrieb. Dazu ist jedoch eine noch engere Zusammenarbeit von Einkauf, Entwicklung und Produktion notwendig. Denn ob sich ein Unternehmen auf dem Markt behaupten kann, hängt auch davon ab, wie gut es gelingt, das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt und Preis auf den Markt zu bringen. Der Wettbewerbsdruck steigt und nur Unternehmen, die Veränderungen gegenüber aufgeschlossen sind, können Erfolge verzeichnen.

On-Demand-Fertigung auf dem Vormarsch

Der 3-D-Druck nimmt sich dieser neuen Herausforderungen an und ermöglicht mit der On-Demand-Fertigung eine schnelle und individualisierte Herstellung, bei der die Zustellung exakt nach Kundenbedarf erfolgt. Die neuen Technologien des 3-D-Drucks werden dort eingesetzt, wo traditionelle Fertigungsmethoden an ihre Grenzen kommen. Dies zeigt sich besonders bei der Produktion von Teilen mit unterschiedlichen Eigenschaften oder besonderer Komplexität. Komplexe sowie weniger komplexe Produkte können mithilfe moderner Fertigungsprozesse in der gleichen Zeit hergestellt werden. Herkömmliche Produktionsverfahren sind auf Werkzeuge angewiesen – nicht so die additive Fertigung, die werkzeuglos erfolgt. Außerdem entfallen die Kosten für die Umstellung von Produktionsanlagen. Sobald eine neue Modell-Datei im System ist, ist die Anlage sofort bereit, ein Produkt herzustellen. Und das bereits ab Losgröße 1. Die On-Demand-Fertigung mit 3-D-Druck, CNC-Bearbeitung und Spritzgusstechnologien wird der Lieferkette in Zukunft enorm viel Flexibilität in den Bereichen Produktion und Lieferung ermöglichen.

 

Der Metall-3-D-Druck ist eine der Fertigungstechnologien von Protolabs

Predictive Maintenance als Schlüsselbegriff

In der Wertschöpfungskette der Zukunft ist es möglich, Ersatzteile direkt aus den inventarisierten CAD-Daten von Fahrzeugen, Maschinen und Anlagen zu produzieren, bevor ein Ausfall eintritt. Predictive Maintenance ist hier der Schlüsselbegriff. So kann die additive Fertigung künftig auch als direkter Ersatzteillieferant in einem bestimmten Einsatzgebiet, z. B. in Transportfahrzeugen, gesehen werden. Anstatt in einem umfangreichen und kostenintensiven Ersatzteillager werden Teile sozusagen „on board“ gefertigt. Dieser Einsatz wird auch in Zukunft noch stärker an Bedeutung gewinnen.

Beispielsweise ist es im Bereich der Luftfahrt bereits möglich, dass Sensoren im Flugzeug Problemfälle sogar auf 10 000 Meter Höhe entdecken und diese direkt dem Fertigungsunternehmen melden. Dieses kann anschließend Teile produzieren, während sich das Flugzeug noch in der Luft befindet. Nach der Landung stehen die Ersatzteile schon zur Verfügung und können eingebaut werden. Ausfallzeiten werden dadurch enorm reduziert.
Die Verfahren werden stetig optimiert, sodass auch die Serienproduktion von individuellen Teilen immer üblicher wird. Hier schließt sich der Kreis mit den Anlagen- und Maschinenbauern, deren Anlagen auch immer schneller und effizienter arbeiten und die Basis für die fortschreitende On-Demand-Fertigung bilden.

 

Kernaussagen
3-D-Druck verändert die Wertschöpfungskette
der Zukunft, indem eine digitale Lieferkette mit vernetzten
Workflows vom Einkauf bis zum Vertrieb geschaffen wird. Die Grundlage dafür ist eine noch intensivere Kooperation
von Einkauf, Entwicklung und Produktion.
Durch eine On-Demand-Fertigung können Teile individuell und schnell nach Kundenbedarf gefertigt werden.
So reduzieren sich die Lagerhaltungskosten drastisch, da große Mengen vonTeilen nicht mehr kostenintensiv gelagert
werden müssen.
Die Herausforderung liegt in der Umsetzung – vom derzeitigen Istzustand hin zu einer Wertschöpfungskette, die durch digitale Fertigung und einen hohen
Automatisierungsgrad geprägt ist.

 

Vorteile der Fertigung auf Abruf

Durch eine On-Demand-Fertigung können Unternehmen ihre Lagerhaltungskosten drastisch reduzieren, denn Produkte und Ersatzteile können nach Bedarf gefertigt und müssen nicht in großen Mengen kostenintensiv gelagert werden. Auch die Lieferantenkette verkürzt sich enorm, da die Produkte direkt vom Lieferanten – dem 3-D-Druck-Unternehmen – geliefert werden. Ein Second Tier kann damit zum First Tier werden und das benötigte Teil direkt und ohne lange Wartezeiten liefern.

Dazu ist es jedoch erforderlich, dass die Bereiche Einkauf und Logistik in Zukunft in Echtzeit reagieren und alle notwendigen Informationen zum angefragten Zeitpunkt bereitstellen können. Um das zu ermöglichen, müssen Prozesse weitestgehend digitalisiert werden, um präzise Aussagen zu treffen. Das Hauptziel einer On-Demand-Fertigung ist die Optimierung des Endergebnisses – von der Verbesserung der Prototypen- und Teilefertigung bis hin zu Kosteneinsparungen.

Umsetzung in den Unternehmen

Über alle Unternehmensgrößen und -bereiche hinweg findet bereits eine Anerkennung des 3-D-Drucks und der Fertigung auf Abruf statt. Protolabs hat in einer Studie herausgefunden, dass 74 % der führenden Entscheidungsträger in Fertigungsunternehmen von einer erheblichen bis starken Ausweitung von automatisierten Fertigungsprozessen in den kommenden fünf Jahren überzeugt sind. 13 % gehen sogar von einer vollständigen Automatisierung aus. Die Studie zeigt auch, dass bereits 38 % der in Deutschland Befragten die Fertigung mit Begriffen wie „Industrie 4.0“ und weitere 34 % mit „Roboter & automatisierten Prozessen“ assoziieren. 65 % sehen die Fertigungsindustrie in Deutschland als gut vorbereitet für Industrie 4.0 und den Anstieg von digitalen Prozessen.

Auch die additive Fertigung ist Teil dieser digitalen Prozesse – und immer mehr Unternehmen erkennen die Vorteile der neuen Technologien. Dies ist am stetig anhaltenden Wachstum der führenden Unternehmen im 3-D-Druck, aber auch an der Investitionsfreude in diesem Bereich erkennbar. Dies belegen auch die aktuellen Umsatzzahlen von Protolabs: Für das Jahr 2017 meldete das Unternehmen einen Umsatz von 344,5 Mio. Dollar gegenüber 298,1 Mio. Dollar im Vorjahr – ein Plus von 15,6 %. Das vierte Quartal 2017 erzielte sogar den bisher höchsten Firmenumsatz von 94,2 Mio. Dollar, eine Steigerung um 30,2 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Insgesamt wurden 16 985 Anfragen von Produktentwicklern und Ingenieuren bearbeitet, ein Plus von 20,9 % gegenüber Q4 in 2016.

Die Nachfrage ist zwar gegeben, doch die Herausforderung für die Unternehmen wird in Zukunft die Umsetzung sein – vom derzeitigen Istzustand hin zu einer Zukunft, die durch digitale Fertigung und einen hohen Automatisierungsgrad geprägt ist. Mittlerweile ist sich bereits der Großteil der Unternehmen darüber im Klaren, dass ein Bewusstsein und eine Offenheit für umfassende Veränderungen und technologische Trends geschaffen werden muss. Die Unternehmen, die die neuen digitalen Technologien in den Bereichen Produktion, Logistik und Vertrieb schon einsetzen, konnten bereits erste Effizienzgewinne generieren, die sich noch steigern werden. Und auch viele weitere Unternehmen werden in Zukunft verstärkt auf digitalisierte Wertschöpfungsprozesse setzen, um auf dem Markt erfolgreich zu bleiben. //

 

Autorenvita: Tobias Fischer

 

 

 

Der Text ist unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE verfügbar.
Lizenzbestimmungen:
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/