Neue Insights, die im Kundenkontakt an allen Touchpoints generiert werden, helfen das Verhältnis und den Dialog stetig weiterzuentwickeln.
von Marcus Wailersbacher
und Arno Klinner
Heute fordern Kunden von Unternehmen die Bereitschaft zum permanenten Austausch – auf Augenhöhe. Dabei geht es um ein „fürsorgliches“ Miteinander. Ziel sollte ein andauerndes Kennenlernen und eine ständige Weiterentwicklung des Kundenverhältnisses sein.
„Consumer Centricity“ holt den einzelnen Kunden in seiner spezifischen Situation ab
In der Kommunikation spielt ein consumer-zentrisches Unternehmen Inhalte und Anreize aus, die auf eine optimale Customer Experience abzielen. Die Produkte gehen auf die Bedürfnis- und Stimmungslage der Konsumenten ein, aber ebenso auf externe Einflussfaktoren wie z. B. das Wetter. Im Idealfall sind sogar das Pricing oder die angebotenen „Places“ (Kanäle, Stores …) kundenindividuell gestaltet.
Dabei ist wichtig, zu verstehen, dass dies immer nur eine Momentaufnahme spiegelt und dass immer wieder neue Informationen, die bei jedem Kundenkontakt generiert werden, das Verhältnis, den Dialog und die Möglichkeit, auf den Konsumenten einzugehen, stetig weiterentwickelt. Um dies stringent und in jeder Phase der sogenannten „Customer Journey“ leisten zu können, kommen heute neueste Technologien und Methoden zur Anwendung. Ein Beispiel, wie das im Idealfall (schon heute) aussehen kann, schauen wir uns nachstehend an.
Consumer Centricity am Point of Sale: eine fiktive Customer Journey
Unsere geschätzte Konsumentin, nennen wir sie Anna, bummelt auf dem Heimweg durch die Stadt. Eine Push-Notification der App ihrer Lieblings-Fashionmarke benachrichtigt sie darüber, dass ein kürzlich im Online-Shop auf die Wishlist gesetzter Artikel auch im stationären Store in nächster Umgebung vorhanden ist. Anna betritt den Store, findet den gesuchten Artikel und möchte wissen, wie der Artikel von anderen Kunden bewertet wurde. Ein Plakat weist sie auf die Bewertungsfunktion der App hin. Sie öffnet die App und stellt fest, dass sich der Screen von dem Screen unterscheidet, den sie zuvor noch auf der Straße hatte. Wie ein Partner oder Freund reagiert die Consumer-zentrische Kommunikation auf die Situation – und spielt genau das aus, was Anna jetzt benötigt.
Sie scannt den Barcode des Produkts und landet auf einer besonderen POS-Produktansicht. Dort hat sie die Möglichkeit, Informationen zum Material und Reinigungshinweise einzusehen, andere verfügbare Farben und Größen online als auch in nahe gelegenen Stores abzurufen, Bewertungen des Produkts zu lesen, passende im Store verfügbare Produkte empfohlen zu bekommen – selbstverständlich in der richtigen Größe. Anna ist sowohl vom Produkt als auch vom Service begeistert, kann sich aber noch nicht für den Kauf entscheiden.
Situativer Fokus auf die Bedürfnisse im Kaufprozess
Anna macht es sich am Abend auf dem Sofa gemütlich und öffnet unsere Tablet-App. Künstliche Intelligenz hilft auch an dieser Stelle, die Kundeninteraktionen auf mobilen Endgeräten zu automatisieren und in allen Sprachen rund um die Uhr für Kunden da zu sein. Als Erstes wird sie gefragt, ob sie eine tagsüber abgebrochene Session vom Smartphone auf dem Tablet fortsetzen oder die Startseite erreichen möchte. Aus unserer übergreifenden Customer-Journey-Analyse leiten wir ab, dass Anna sich abends auf dem Tablet gerne inspirieren lässt.
Wir kommen ihr also entgegen und zeigen ihr die aktuellen Fashion-Themen, die Bestseller sowie einen persönlichen Feed mit Last Seen (Product-Views), Recently Scanned (gescannte Produkte am POS), New Arrivals recommended (Produktempfehlungen aus den New Arrivals), Your Wishlist, Now back in Stock (ehemals ausverkaufte Produkte wieder auf Lager). Dabei nutzen wir die Größe des Screens für eine großflächige Anzeige der Produkte und setzen Elemente, die platt die Conversion pushen, bewusst in den Hintergrund. Nichtsdestotrotz nutzen wir Kundenattribute aus Data-Intelligence wie Affinitäten zu Sale, Preis, Produktkategorie etc. für eine entsprechende Sortierung nach Kaufwahrscheinlichkeit. Anna bestellt.
1:1-Service und getriggerte Kommunikation statt Gießkannen-Werbung
Auch auf dem Weg zur Arbeit ist Anna offen für Inspiration. Deshalb erhält sie wenige Tage nach der Bestellung morgens eine Push-Notification „Persönlicher Tipp zu deiner Bestellung!“ aufs Smartphone: In der App empfehlen unsere Designer Artikel aus der Kollektion, die perfekt zur letzten Bestellung passen. Dieser tolle Service und die Outfit-Empfehlungen verkürzen Anna die Busfahrt. Das gefällt ihr.
In der Mittagspause besucht Anna den Online-Shop und wird mit dem Einloggen erkannt. Sie sieht ihre persönliche Outfit-Empfehlung auf der Startseite. Mit wenigen Klicks hat sie die Hose zum Shirt bestellt. E-Commerce-Sales ist neben Instore-Beratung, After Sales, Kundenservice, Mobile Opt-In und Leadgewinnung einer der wichtigsten Einsatzbereiche für KI.
Wertschätzung statt Verkaufen
Anna hat sich durch die letzten Einkäufe viele Status-Punkte verdient – sie steht kurz vor dem nächsten Level, der ihr noch mehr Vorteile bringen würde. Anna freut sich über die Wertschätzung als Kundin, als sie per E-Mail darauf aufmerksam gemacht wird. Bereits jetzt erhält sie exklusive Vorankündigungen, Services, die ihr das Shoppingerlebnis verschönern, sowie Einladungen zu Veranstaltungen.
Wir wissen, dass Omnichannel-Kunden die treuesten und wertvollsten sind. Deshalb wird der bislang nur online shoppenden Anna auch der Einkauf in der Filiale ihrer Umgebung schmackhaft gemacht. Zum Beispiel zeigen wir Anna genau die New Arrivals in diesem Store, die auf Basis ihrer historischen Daten ein erhöhtes Kaufinteresse vermuten lassen. //
Autorenvitae: Marcus Wailersbacher & Arno Klinner
Der Text ist unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE verfügbar. Lizenzbestimmungen: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/ |