Das Callcenter der Zukunft übernimmt die Rolle von Tante Emma.
von Attikus A. Schacht
Ausgangslage: Wesentlich für ein erfolgreiches Verkaufen von Produkten ist die Kommunikation zwischen Händler und Endkunden. Für den Kunden bzw. Interessenten ist es wichtig, dass ein Händler schnell auf seine Anfragen reagiert. Zeitunabhängig und auf ihn persönlich zugeschnitten. Früher, zu Zeiten des „Tante Emma“-Ladens, war dies in der Regel immer gegeben. Für „Tante Emma“ war der Kundenkreis überschaubar, denn der Laden befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Daher konnte „Tante Emma“ als zentrale Ansprechpartnerin für den Kunden fungieren. Sie wusste, was der Kunde will, kannte seine Vorlieben und damit die richtigen Produkte.
Heute gibt es weitgehend keine „Tante Emma“ mehr. An ihre Stelle treten global operierende Unternehmen mit entsprechenden Organisationsstrukturen, komplexen Produkten und Vertriebswegen mit großem Kundenkreis. Die Folge: Unternehmen haben keinen Kontakt mehr wie Tante Emma. Dennoch sind die Kundenanforderungen die gleichen geblieben, auch wenn sich aufgrund der zur Verfügung stehenden Technologien die Kommunikation massiv verändert hat.
Doch die Erwartungshaltung des Kunden ist gleichgeblieben: So wie zu Tante Emmas Zeiten möchte er für sein Problem eine einfache und schnelle Lösung – hinzu kommt jetzt – zu jeder Zeit von jedem Ort. Für Unternehmen bedeutet dies eine organisatorische und technische Herausforderung im Handling der Schnittstelle zum Kunden, dem Contact- Center. Es übernimmt die Rolle von „Tante Emma“, d. h. es fungiert als:
- Kommunikationsplattform
- Knowledge-Base
- Kundendatenbank
- und benötigt hierzu eine entsprechende technische Infrastruktur.
Technologische Trends im Zuge der Digitalisierung
Die Entwicklung der Hardware ist bezüglich der Verarbeitungsgeschwindigkeit soweit fortgeschritten, dass auch große Datenmengen zu erschwinglichen Preisen zeitnah mit technischen Methoden u. a. auf Basis der KI (Künstliche Intelligenz) analysierbar sind. Heute stehen Tools zur Verfügung, die nicht nur Daten in Echtzeit analysieren und weiterverarbeiten, sondern auch Vorhersagen zum Kaufverhalten jedes Kunden zur Verfügung stellen.
Damit einhergehend werden Tools ebenfalls auf Basis von KI-Methoden entwickelt, die automatisiert die Kommunikation zwischen Händler und Kunden ermöglichen. Zu nennen sind hier E-Mail-Response-Management- Systeme und intelligente Sprachdialogsysteme (IVR). Hinzu kommen Assistenz-Systeme, sogenannte Bots, die sich in den vergangenen Jahren sowohl auf Unternehmensseite als auch auf Kundenseite zunehmender Beliebtheit erfreuen. So zum Beispiel Watson auf Unternehmensseite oder Alexa als persönlicher Assistent auf der Kundenseite.
Konsequenzen für den Handel
Ein Handelsunternehmen steht daher in den kommenden Jahren vor der Herausforderung, den Kundendialog maximal zu individualisieren; der Kunde erwartet in der Kommunikation mit dem Unternehmen Individualität, Menschlichkeit, Einfachheit und Geschwindigkeit. Der Schlüssel hierzu sind zum einen die Kundendaten. Sie für eine personalisierte Ansprache im Einklang mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen zu erheben und mit KI auszuwerten, ist zwingend erforderlich. Zum anderen muss das Unternehmen seine Kommunikationsprozesse automatisieren. D. h. es stellt dem Kunden Informations- und Service-Assistenten zur Verfügung, über die dieser die für ihn relevanten Informationen in Echtzeit abruft.
Die Lösung
Für das zukünftige Contact-Center bedeutet dies, dass
- es als zentraler Back-up der automatisierten Kommunikation der Assistenten fungiert,
- es die drei folgenden Komponenten aufweist:
- eine zentrale Omnichannel-Kommunikationsplattform, die die Kundenanfragen an den richtigen Service-Mitarbeiter routet
- eine zentrale Wissensplattform, die dem Contact-Center-Mitarbeiter die richtigen Informationen personalisiert für den jeweiligen Kunden liefert
- eine zentrale Kundendatenplattform, die alle Kundenvorgänge und -daten inkl. Merkmale enthält
Diese drei Komponenten sind so vernetzt, dass ein Datenaustausch zwischen ihnen in Echtzeit erfolgt
Ziel dieser Infrastruktur ist es, konsistente Antworten über alle Kanäle zu ermöglichen, d. h. sie ist somit die „Tante Emma“ im modernen Gewand.
Wie jedoch eine solche konkrete Infrastruktur für ein Handelsunternehmen aussieht, welche Tools einzuführen sind, welche Marketing-, Vertriebs- und Serviceprozesse anzupassen oder neu einzuführen sind und wie weitgehend dies die Organisationsstruktur verändert, hängt von der jeweiligen Ausgangssituation ab. Die Unternehmen haben in der Regel weder die Mittel noch die Erfahrung für solche massiven Change-Projekte. Daher ist es für sie ratsam, auf externe Expertise zurückzugreifen, um den Wandel in die digitale Welt schnell und ohne große Reibungsverluste erfolgreich durchzuführen. //
Autorenvita: Attikus A. Schacht
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