Kurzer Weg zum Kunden: Beacons arbeiten mit der Bluetooth-Low-Energy-Technik und erreichen Nutzer von Smartphones mit Push-Nachrichten.

von Univ.-Prof. Dr. Hendrik Schröder, Ann-Kathrin Lich, M. Sc.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um Geschäfte des stationären Einzelhandels an die digitale Welt anzubinden und Prozesse mit den Endkunden zu digitalisieren (vgl. Schröder / Lich 2017). Terminals informieren Kunden über Produkte (z. B. Edeka) oder erlauben den Zugriff auf das Online-Sortiment des Händlers (z. B. Saturn). Für den Bezahlvorgang müssen Kunden sich nicht mehr an der Kasse anstellen, sie bezahlen bei einem Mitarbeiter, der ein Tablet mit Bezahlfunktion hat. Bei viel Andrang kann es allerdings auch hier zu Wartezeiten kommen. Setzt man auf Techniken, die in Verbindung mit einem Smartphone genutzt werden können, so lassen sich zeitgleich sehr viele Kunden erreichen. Eine Technik sind Beacons, die für Location-based Advertising (ortsbezogene Werbung) eingesetzt werden.

Kurzer Weg zum Kunden

Beacons arbeiten mit der Bluetooth-Low-Energy-Technik und erreichen Nutzer von Smartphones – je nach Einstellung der Beacons – im Umfeld von einem bis zu 50 Metern, sofern die Nutzer ihre Erlaubnis für den Erhalt von Push-Informationen gegeben haben. Personen, die als Kunden gewonnen werden sollen, und Bestandskunden, die sich in der Nähe des Geschäftes oder im Geschäft aufhalten, können mit als geeignet angesehenen Informationen (über Produkte, Dienstleistungen, Rabatte etc.) angesprochen werden. Die Signale werden im Millisekunden-Abstand von Funkchips versendet, die sich in kleinen Kästen, etwa so groß wie eine Streichholzschachtel, befinden. Über die App einer Einkaufsstätte können Kunden z. B. Bonuspunkte für einen Ladenbesuch sammeln oder sich zu einem passenden Artikel navigieren lassen. Nachrichten, die über Beacons versendet werden, lassen sich jedoch nicht nur über Apps von bestimmten Händlern abrufen. Es gibt auch Apps, die Beacons verschiedener Geschäfte im Umkreis anzeigen, wie z. B. der Beacon Locator.

Wie sehen Händler Location-based Advertising?

2017 setzten nach Angaben des EHI Retail Institute 27 Prozent der befragten Händler die Beacon-Technik ein und 53 Prozent hielten sie grundsätzlich für interessant. Die Akzeptanz der Händler, d. h. Einstellungen, Nutzungsabsicht sowie tatsächliche Nutzung, ist die eine Seite. Sie funktioniert aber nur, wenn die andere Seite, der Kunde, mitspielt, also Location-based Advertising akzeptiert.

Eine Kundenstudie der Uni in Essen

Wir haben in einem Fachgeschäft für Sportartikel erhoben, ob die Kunden Location-based Advertising kennen, wie sie diese Form der Ansprache beurteilen und ob sie sie nutzen. Tabelle 1 beschreibt das Untersuchungsdesign. Die Themen der Befragung wurden gegliedert in werbe- und technologiebezogene Akzeptanztreiber sowie Einstellung zur Nutzung von Beacons für ortsbezogene Werbung und die Nutzungsabsicht von Beacons für ortsbezogene Werbung.

Aspekte der werbebezogenen Akzeptanztreiber sind der Informations- und Unterhaltungswert, die Glaubwürdigkeit, finanzielle Anreize, die Irritationen, die ortsbezogene Werbung auslösen kann, sowie die wahrgenommene Nützlichkeit der ortsbezogenen Werbung. Aspekte der technologiebezogenen Akzeptanztreiber sind erleichternde Bedingungen, die persönliche Innovationsbereitschaft, die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit sowie Datenschutzbedenken. Verwendet wurde eine siebenstufige Skala von 1 („stimme überhaupt nicht zu“) über 4 („weder noch“) bis hin zu 7 („stimme voll und ganz zu“). Mit unserer Studie replizieren wir die Untersuchung von Altpeter (2017).

 

Erhebungszeitraum 3 Wochen im November 2017
Untersuchungsobjekt Fachgeschäft für Sportartikel
Systemtyp des Einzelhandels Filialbetrieb
Stichprobengröße 572
weiblich / männlich 59 % / 41 %
Alter (in Jahren)
– jünger als 18 – 42 (7,3 %)
– zwischen 18 und 29 – 307 (53,7 %)
– älter als 29 – 223 (38,9 %)
Personen
– ohne LBA-Erfahrung – 432
– mit LBA-Erfahrung – 140
Erhebungsart computergestützte schriftliche Befragung vor Ort (CAPI)
Tab. 1: Untersuchungsdesign zur Kundenakzeptanz von Location-based Advertising

Ergebnisse

Zu den Erfahrungen der Befragten mit Beacons: Knapp 37 % schalten regelmäßig Blue­tooth auf ihrem Smartphone ein und sind damit in der Lage, Push-Nachrichten via Bea­cons zu empfangen. Allerdings haben nur ca. 9 % bereits Erfahrung mit ortsbezogener Werbung, die über Beacons versendet wird. 16 % wissen, was ortsbezogene Werbung ist, die über Beacons versendet wird. Den Personen, die kein Wissen darüber hatten, wurde ein Bild zur Erklärung gezeigt, damit die weiteren Fragen beantwortet werden konnten. Von den Jüngeren, also den unter 18-Jährigen, schalten 55 % regelmäßig Bluetooth ein und wissen 26 %, was ortsbezogene Werbung ist, die über Beacons versendet wird.

Vergleichen wir zunächst die Personen, die keine Erfahrung mit ortsbezogener Werbung haben und nicht wissen, was ortsbezogene Werbung ist, die über Beacons versendet wird (ohne LBA-Erfahrung), mit jenen, die Erfahrung mit ortsbezogener Werbung haben oder wissen, was ortsbezogene Werbung ist, die über Beacons versendet wird (mit LBA-Erfahrung).

 

Konstrukt ohne LBA-Erfahrung
(n = 432)
mit LBA-Erfahrung
(n = 140)
werbebezogene Akzeptanztreiber
Informations- und Unterhaltungswert 3,7 3,9
Irritationen 4,9 4,1
finanzielle Anreize 4,6 4,5
Glaubwürdigkeit 4,4 3,9
wahrgenommene Nützlichkeit 4,0 4,0
technologiebezogene Akzeptanztreiber
erleichternde Bedingungen 3,4 3,6
persönliche Innovationsbereitschaft 3,7 3,8
wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit 5,6 5,4
Datenschutzbedenken 5,6 5,5
Einstellung zur Nutzung von Beacons für ortsbezogene Werbung 4,0 4,2
Absicht zur Nutzung von Beacons für ortsbezogene Werbung 3,5 3,4
Tab. 2: Urteile von Kunden mit und ohne Erfahrung ortsbezogener Werbung (arithmetisches Mittel)

Wenn man sich vor Augen hält, dass der Wert 4 der siebenstufigen Skala die Mitte abbildet und zwischen „stimme überhaupt nicht zu“( 1) und „stimme voll und ganz zu“( 7) liegt, so liegen etliche Werte in eben dieser Mitte: weder/noch. Dieses Ergebnis kann man so interpretieren: Location-based Advertising löst bei den Befragten keinen Enthusiasmus aus, sondern eher Zurückhaltung, teilweise Ablehnung. Für diese Aussage stehen auch die Ergebnisse zur Einstellung und zur Nutzungsabsicht.

Ein Punkt sollte zu denken geben: Personen mit LBA-Erfahrung stufen die Glaubwürdigkeit ortsbezogener Werbung geringer ein als Personen ohne LBA-Erfahrung. Für die Personen ohne LBA-Erfahrung sehen wir uns in einem weiteren Schritt die Ergebnisse für drei Altersgruppen an (Tab. 3). Anmerkung: Die mittlere Altersgruppe wurde in der Studie von Altpeter untersucht, wir haben zusätzlich zwei angrenzende Altersgruppen einbezogen. Bei aller Vorsicht im Umgang mit den Ergebnissen: Es gibt Anzeichen dafür, dass die jüngeren Befragten mehr Positives und weniger Negatives bei Location-based Advertising sehen als die älteren Befragten.

Zwei Beispiele: Sie bewerten die wahrgenommene Nützlichkeit besser und sie haben weniger Datenschutzbedenken. Gleichwohl kann man auch bei den Jüngeren nicht davon sprechen, dass es sie zur Nutzung von Location-based Advertising drängt (4,3).

 

Konstrukt jünger als 18 Jahre (n = 18) 18-29 Jahre
(n = 218)
älter als 29 Jahre (n = 187)
werbebezogene Akzeptanztreiber
Informations- und Unterhaltungswert 4,7 4,0 3,2
Irritationen 4,1 4,6 5,3
finanzielle Anreize 5,2 4,8 4,3
Glaubwürdigkeit 4,8 4,6 4,2
wahrgenommene Nützlichkeit 5,3 4,3 3,5
technologiebezogene Akzeptanztreiber
erleichternde Bedingungen 4,0 3,7 3,0
persönliche Innovationsbereitschaft 3,9 3,8 3,6
wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit 5,3 5,7 5,5
Datenschutzbedenken 4,7 5,5 5,9
Einstellung zur Nutzung von Beacons für ortsbezogene Werbung 4,8 4,3 3,5
Absicht zur Nutzung von Beacons für ortsbezogene Werbung 4,3 3,9 3,0
Tab. 3: Urteile von Kunden ohne Erfahrung mit ortsbezogener Werbung (arithmetisches Mittel)

Location-based Advertising – quo vadis?

Ist Location-based Advertising grundsätzlich ungeeignet, um Kunden zu erreichen und ihnen einen Nutzen zu vermitteln? Oder welche Hebel lassen sich finden, um die Akzeptanz bei den Kunden zu steigern? Wir müssen zunächst auf die Limitationen unserer Untersuchung hinweisen: ein Geschäft, eine Branche, Kunden, die überwiegend keine Erfahrung mit Location-based Advertising auf der Basis von Beacons haben. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass Altpeter (2017, S. 54) zu sehr ähnlichen Ergebnissen bei der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen kommt, die er ausschließlich untersucht hat: eine mittelmäßige Akzeptanz.

Was könnte zu tun sein? Zunächst müssen sich die Händler fragen, die die Beacon-Technik bereits in ihren Geschäften haben, ob sie genügend Ressourcen haben, um Location-based Advertising zu bewirtschaften. Es gibt Geschäfte, die zwar die Beacon-Technik haben, aber keine Werbung schalten. Dann ist die Wirksamkeit ortsbezogener Werbung zu überprüfen. Wie wirken unterschiedliche Werbebotschaften und Darstellungsformen? Wenn dies nicht geschieht, wird Location-based Advertising zu einer Irrfahrt für Händler und Kunden. Im Hinblick auf die Kunden ist zu prüfen, ob sie hinreichend über die Funktionsweise von Location-based Advertising informiert sind und ob die Mitarbeiter in der Lage sind, entsprechende Fragen der Kunden sachgerecht zu beantworten.

Eine möglicherweise unüberwindbare Akzeptanzhürde könnten die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes sein. Öffentliche Diskussionen um Facebook und andere Sammler und Verarbeiter personenbezogener Daten könnten zu einem Umdenken und zu einer Um­orientierung von Kunden führen. In diesen Fällen gäbe es keine Erfolgsperspektiven für Techniken wie Location-based Advertising. //

 

 

Autorenvitae: Uni.-Prof. Dr. Hendrik Schröder und Ann-Kathrin Lich, M. Sc.

 

 

Der Text ist unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE verfügbar.
Lizenzbestimmungen:
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/

 

Literatur
Altpeter, M., Akzeptanz von Beacons für Location-based Advertising – Eine empirische Analyse aus konsumentenorientierter Sicht, Wiesbaden 2017
Schröder, H.; Lich, A.‐K., Digitale Dienstleistungen im stationären Einzelhandel als Antwort auf die Herausforderungen durch Online‐Shops, in: Bruhn, M.; Hadwich, K. (Hrsg.), Dienstleistungen 4.0: Konzepte ‐ Methoden – Instrumente, Band 1, Forum Dienstleistungsmanagement, Wiesbaden 2017, S. 483‐510