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Technologiebranche Handel

Um die Aufmerksamkeit des Kunden auf den eigenen Shop zu lenken, gehen die Handelsunternehmen neue Wege und entwickeln innovative Formate.

von Stefan Genth

Das Wachstumstempo im Einzelhandel wird maßgeblich vom Online-Handel geprägt. Online einzukaufen gehört für die Verbraucher zum Alltag. Dies gilt jedoch (noch) nicht für „Fast Moving Consumer Goods“ (FMCG), also insbesondere die Waren des täglichen Bedarfs. Hier ist zwar ein starkes Wachstum zu verzeichnen, der Online-Marktanteil liegt jedoch heute noch auf einem niedrigen Niveau. Lediglich 1,7 Prozent aller Gesamtausgaben für FMCG werden online getätigt. In einzelnen Warengruppen zeigt sich jedoch ganz deutlich die fortschreitende Onlinerelevanz. So liegt der Anteil der Ausgaben bei Körperpflegeprodukten oder Near Food (zum Beispiel Tiernahrung) bereits deutlich höher als beispielsweise in der Kategorie Food. Hier gibt es seitens der Verbraucher bislang noch die größte Zurückhaltung, online einzukaufen.

 

Online-Schaufenster gewinnen weiter an Bedeutung.

 

Um die Aufmerksamkeit des Kunden auf den eigenen Shop zu lenken, gehen die Handelsunternehmen neue Wege und entwickeln innovative Formate. Mehr denn je gilt es, sich in die Denkweise des Kunden hineinzuversetzen, technische Hürden zu überwinden und jedem einzelnen Kunden im richtigen Moment das passende Angebot zu machen. Im Mittelpunkt steht dabei die Verzahnung zwischen stationärem Geschäft und Online-Shop. Deshalb eröffnen immer mehr bisher reine Online-Händler auch stationäre Geschäfte. So können die Kunden in Zukunft noch einfacher die Vorteile aus beiden Welten nutzen. Umgekehrt bauen aus dem gleichen Grund immer mehr stationäre Händler einen Online-Shop auf. Damit profitieren sie von der Entwicklung im Online-Handel.

 

Während der stationäre Handel nur leicht zulegt, wächst der Online-Handel deutlich.

 

Digitalisierung im Handel ist aber mehr als die Eröffnung von Online-Shops oder der Verkauf auf Marktplätzen und Plattformen. Denn auch die stationären Geschäfte nutzen die neuen Möglichkeiten für sich und ihre Kunden und setzen auf digitale Services auf der Fläche. Anwendungen wie Innennavigation, digitale Produktinformationen oder mobile Bezahlung sind in aller Munde.
Hier können die Kunden weitere neue Services erwarten. Insbesondere Anwendungen, die auf dem Einsatz von freiem WLAN beruhen, haben noch viel Potenzial. So zum Beispiel die sogenannte verlängerte Ladentheke. Diese ermöglicht es den Kunden, die Produkte vor Ort im Laden zu begutachten und dann per Smartphone zusätzliche Produktinformationen zu erhalten sowie die gewünschte Produktkonfiguration zusammenzustellen.

Das Vertrauen der Kunden ist auch im digitalen Zeitalter die wichtigste Währung im Handel.

Der Handel entwickelt sich immer stärker in Richtung einer Technologiebranche. Software- und Analytikwissen spielt eine gleichberechtigte Rolle neben den traditionellen Kernkompetenzen wie konsequenter Kundenorientierung, tollem Shopdesign, spannenden Sortimenten, hervorragendem Service und leistungsstarker Logistik.
Fünf Technologiebereiche lassen sich dabei aufgrund ihres großen Potenzials für den Handel herausstellen:

„Augmented Reality“ und „Virtual Reality“ (AR/VR)

Mithilfe von Augmented Reality können beispielsweise Möbel in Originalgröße im heimischen Wohnzimmer platziert und auf die restliche Einrichtung abgestimmt oder die passende Paketgröße kann anhand der Platzierung des zu versendenden Artikels im virtuellen Paket bestimmt werden.
Aber nicht nur in den eigenen vier Wänden, auch im Store selbst erleichtert Augmented Reality eine informierte Entscheidung. Vom Wegweiser durch den Store über die Einblendung von Produktinformationen – und Variationen sowie Illustration der Funktionsweise – bis zur persönlichen Beratung durch digitale Verkäufer: Unterschiedlichste Einsatzweisen werden derzeit getestet. Noch weiter gehen Virtual-Reality-Welten, in denen Kunden durch verschneite Skiwelten fahren oder die sonnigen Strände des nächsten Urlaubsorts besuchen können.

Der Store wird zur Spielwiese (Digital POS/Robotics)

„Persönliche Beratung“ wird meist als das Kernargument für den Kauf im Store genannt. Verkaufs- und Promotion-Roboter wie „Paul“ oder „Pepper“ eröffnen dabei neue Möglichkeiten, das digitale mit dem stationären Geschäft zu verbinden und erhöhen den Erlebniswert des Einkaufs. Sie unterstützen als digitale Verkäufer z. B. bei der Navigation, Vorstellung von Produkten und Techniken oder spielen auch mal mit den jüngeren Besuchern eine Runde „Schnick, Schnack, Schnuck“. Zudem zeigen Studien, dass Roboter sich sehr gut zur Einholung von Feedback eignen. Jeder zweite Kunde würde negative Kritik eher gegenüber einem Roboter äußern als im Gespräch mit einem realen Verkäufer.
Großes Interesse besteht nach wie vor auch am vernetzten Besucher im Store. Mehr als jeder dritte Händler setzt derzeit beispielsweise auf den Einsatz von Beacons oder befindet sich in der konkreten Planung, mehr als jeder vierte Händler experimentiert mit Instore-Navigation. Bei der Einblendung personalisierter Angebote und erweiterter Produktinformationen überschlagen sich derzeit die Technologien.

Big Data: Daten eröffnen neue Welten

Verbraucher sind in erster Linie jenen Marken treu, die das Kundenerlebnis gezielt auf ihre Bedürfnisse und Vorlieben zuschneiden. Doch nur, wer die richtigen Daten hat, hat die Chance, dem Kunden passgenaue Angebote zu unterbreiten. Dabei müssen natürlich die hohen Datenschutzanforderungen gewahrt werden, denn das Vertrauen der Kunden ist auch im digitalen Zeitalter die wichtigste Währung im Handel.

Der Handel wird klüger (KI)

Bis dato lag das Wissen über Daten und ihre Verarbeitung beim Händler selbst. Die zunehmend komplexen, vielschichtigen und vernetzten Entscheidungen könnten jedoch zukünftig mehr und mehr von Maschinen getroffen werden, die mit jedem neuen Datensatz dazulernen und ihre Vorhersagen kontinuierlich verbessern.
Die Anwendungsgebiete für künstliche Intelligenz im Handel variieren von Bedarfsprognosen zur Optimierung der Bestellmengen über Trendvorhersagen, nach denen sich Sortimente gestalten lassen, bis zu Lieferrouten, die Verkehrs- und Wetterdaten mit einbeziehen.

Das Produkt kommt zum Kunden (Voice / Dash-Buttons / Chatbots)

Alexa, Siri, Google Assistant, Cortana, Bixby – die Familie der Sprachassistenten wächst rasant. Sie managen das Smart Home, spielen Musik ab oder bestellen Taxis.
Intelligente Einkaufshilfen ermöglichen ein komfortables Einkaufserlebnis, indem sie bei der Einkaufsplanung unterstützen und den Kaufprozess vereinfachen – wieso erst das Smartphone suchen und die App öffnen, wenn man auch während des Kochens fehlende Zutaten nachbestellen kann? Generell geht der Trend zur Automatisierung des Bestellprozesses. Dash-Buttons zur Bestellung per Knopfdruck haben es inzwischen bis in die Waschmaschinen und Drucker geschafft – sodass der Nachschub an Pulver und Tinte niemals nachlässt.
Alle diese aktuellen Entwicklungen machen deutlich: Der Handel befindet sich durch die Digitalisierung im größten Strukturwandel seit Einführung der Selbstbedienung. Die Kunden können sich auf viele neue Services und Angebote freuen. //

 

Autorenvita: Stefan Genth

 

 

 

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Teil 6: Einleitung

Mit neuen Technologien verändert sich die Customer-Journey. Händler müssen sich den Bedürfnissen anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zunächst muss die Aufmerksamkeit des Kunden geweckt werden. Im Online-Marketing gilt Programmatic Advertising dabei als der heilige Gral. (6.1) Eine gute Marketingstrategie wird umso wichtiger, da 3-D-Druck, IoT, Smart Things und Smart Factories den Wettbewerb grundlegend verändern. Hersteller nutzen immer mehr den Selbstvertrieb und sind weniger auf Händler-Netzwerke angewiesen. Auch das Konsumverhalten verändert sich grundlegend. Händler und Hersteller werden zu Service-Providern. Im Mittelpunkt steht zwar noch die Ware, aber diese wird in der Subscription- oder Sharing-Economy als Dienstleistung genutzt. (6.5)
Eine Modellstadt des Handels der Zukunft existiert bereits in Langenfeld. Frank Rehme beschreibt das Projekt. (6.2) Bargeld wird auch hier durch andere Payment-Möglichkeiten ersetzt. Der Bitcoin wird in diesem Kontext immer wichtiger und bietet einige Vorteile. (6.4) Die Blockchain ist dabei die zugrunde liegende Technologie, die auf den Handel der Zukunft einen ebenso großen Einfluss hat (6.3), wie künstliche Intelligenz. (6.6)

Das Kapitel im Überblick
Marketing der Zukunft: Programmatic Advertising
Future City Langenfeld – Hier findet Zukunft Stadt!
Wie die Blockchain den Handel verändert
“Das Internet ist nur ein Hype“ – Die Kryptografie auch?
Die Sharing-Economy wächst
Künstliche Intelligenz

Handelskanal Social Media

Das ECC Köln hat Social-Media-Maßnahmen für kleinere Händler untersucht und herausgefunden, dass diese sehr gut funktionieren können.

von Bernhard Haselbauer

Aufgrund neuer Technologien und steigender Kundenanforderungen wird es für den Handel zunehmend schwieriger, neue Services zu schaffen, die den Konsumenten im Rahmen ihres Informations- und Einkaufsprozesses einen echten Mehrwert bieten. In diesem Kontext sind nachhaltige Strategien und Konzepte gefragt. Nach dem e-KIX vom November 2017 setzten gerade kleine und mittlere Onlinehändler im Marketingmix auf eine Präsenz und Werbung in sozialen Netzwerken. So zeigt der aktuelle e-KIX, für den das ECC Köln monatlich vorwiegend kleinere Onlinehändler zur Umsatzlage sowie zu wechselnden E-Commerce-Themen befragt: Social Media kommen bei mehr als jedem zweiten kleineren Onlinehändler zu Werbezwecken zum Einsatz. Damit werden die sozialen Netzwerke als Werbemaßnahme nur noch vom Suchmaschinenmarketing (68 %) übertroffen.
Bei den Befragten, die Werbeanzeigen in sozialen Netzwerken schalten, ist Facebook mit Abstand am beliebtesten: Mehr als neun von zehn dieser e-KIX-Teilnehmer platzieren dort kostenpflichtige Werbung. Auf Platz zwei und drei folgen das Bildportal Instagram (13 %) sowie YouTube (11 %).

Auf welchen Socia-Media-Kanälen haben Sie ein Unternehmensprofil?

Facebook auch für Unternehmensprofile am beliebtesten

Auch für Social-Media-Profile ist Facebook bei den Befragten Spitzenreiter, wie schon die e-KIX-Umfrage im vergangenen Jahr zeigte: Heute haben rund 85 Prozent der kleineren Onlinehändler ein Profil auf der Plattform. Instagram schafft es ebenfalls unter die Top 3: Rund ein Viertel der e-KIX-Teilnehmer ist hier präsent.
„Social Media werden auch für kleine und mittlere Onlinehändler wichtiger – schließlich sind die Nutzerzahlen von Facebook und Co. immens und es bietet sich die Chance, auch neue Kunden zu erreichen. Dabei sollte jedes Unternehmen aber genau prüfen, auf welcher Plattform die eigene Zielgruppe anzutreffen ist und welche sich gut eignet, um die eigenen Angebote zu präsentieren“, so Oliver Brimmers, Senior Projektmanager am ECC Köln.

Der E-Commerce-Konjunkturindex – kurz e-KIX – des ECC Köln ist ein Stimmungsbarometer im deutschen Onlinehandel. In den kurzen monatlichen Onlinebefragungen werden deutsche Onlinehändler gefragt: Wie sind die aktuellen Onlineumsätze? Welche Entwicklungen werden erwartet? In monatlich wechselnden Zusatzfragen werden zudem aktuelle Themen im E-Commerce beleuchtet. Die vollständigen Ergebnisse können unter www.e-kix.de heruntergeladen werden. Dort ist außerdem die Registrierung als e-KIX-Teilnehmer möglich.
Social Media können hervorragend für den Handel funktionieren, gerade für selbststän­dige, kleinere Händler. Nicht nur um zielgruppengerecht Kundenbindung aufzubauen und zu erhalten, auch um direkt zu verkaufen.

Welche der folgenden Online- und Offline-Werbemaßnahmen setzen Sie ein?

Social ECM

Immer häufiger findet Wissenstransfer über Unternehmensgrenzen hinweg statt: Wissens­transfer bedeutet dabei, dass Wissen in zwei Richtungen transferiert wird, nicht einfach von einer „wissenden“ zu einer „unwissenden“ Instanz. Auch die Art des Wissens hat sich verändert: Waren es früher in erster Linie Textdokumente, so sind es heute neben Textdokumenten auch Videos, Bilder, Eindrücke oder Erfahrungen.
Hierbei werden soziale Netzwerke immer wichtiger für die Unternehmen. Hier muss die strukturierte und digitalisierte Archivierung und Bearbeitung von Daten und Informationen aller Art über die Grenzen eines Unternehmens hinweg gewährleistet sein, was hohe Anforderungen etwa an Cloud-Betreiber stellt. Wichtige Elemente für Social ECM sind auch eine flexible Oberflächengestaltung, die Möglichkeit, Ansichten auf Daten zu teilen, zu „liken“ und zu kommentieren, und eine Crowdbewertung vorzunehmen. Allerdings sehen Experten wie Professor Ayelt Komus von der Hochschule Koblenz Social Media im Business-Kontext noch immer in den Anfängen.

Chatbots und „IT Robotic Process Automation“ (RPA)

Chatbots, sogenannte „virtuelle Assistenten“, werden eingesetzt, um eine kostengünstige, weil weitgehend automatisierte Kontaktmöglichkeit zwischen Unternehmen und Kunden zu schaffen. In der Vergangenheit wurde die Verwendung von Chatbots kritisiert – sie führten weder zu einer positiven „Customer-Experience“ noch verhinderten sie Rückfragen von Kunden. Außerdem müssten sie teuer manuell programmiert werden. (So gesehen schien das von Analysten erwartete Automatisierungspotenzial zwischen 25 und 70 Prozent allzu optimistisch.)
Das galt für die erste Generation der Chat­bots. Chatbots der nächsten Generation müssen nicht mehr manuell „gefüttert“ werden; sie beziehen ihr Wissen aus dem Expertenwissen des Unternehmens und lernen laufend hinzu. Der Einsatz dieser „intelligenten“ Chatbots wird voraussichtlich die Kosten in den Unternehmen massiv senken. //

 

 

 

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