Modellstadt: eine Verbindung zwischen Ideen, Handel, Stadt und Kunden
von Frank Rehme
Die Rahmenbedingungen des Handels haben sich in den letzten zehn Jahren rasant verändert. Grund dafür ist, neben dem Aufkommen neuer Wettbewerber im E-Commerce, eine damit einhergehende Veränderung des Käuferverhaltens sowie der Lebensmodelle der Konsumenten. Die Folge davon ist eine dramatische Veränderung der Innenstädte mit einhergehender Verschiebung von Werteflüssen und Immobilienwerten. Viele Städte konnten auf diese Veränderung nicht schnell genug reagieren und haben mit den Folgen langfristig zu kämpfen. Es müssen daher Konzepte entwickelt werden, wie durch die Stärkung des stationären Handels mittels neuer Erkenntnisse aus Forschung und Praxis der oben genannten Entwicklung frühzeitig entgegnet werden kann und negative Folgen nachhaltig verhindert werden.
Mit der Jahrtausendwende haben sich die Rahmenbedingungen für den stationären Handel massiv verändert. Strukturen, Prozesse und vor allem Werteflüsse und Kostenfaktoren werden durch ein neues Konsumentenverhalten anderen Gesetzmäßigkeiten unterworfen. Folgende, fast zeitgleich eingetretene Veränderungen haben die etablierten Businessmodelle der stationären Händler unter Druck gesetzt und teilweise in Frage gestellt:
Der Aufschwung des E-Commerce
Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Drei von vier Deutschen sind im Internet unterwegs. Bei Schülern ist die Nutzung sogar nahezu flächendeckend. Die Nutzungsdauern und mobilen Aktivitäten wachsen stetig an und auch die Art der Nutzung wird immer vielfältiger. Einen wichtigen Anteil daran nimmt der E-Commerce ein. Die damit einhergehende Transparenz über Preise, Qualitäten und Verfügbarkeiten eröffnet den Konsumenten vollkommen neue Wege der Beschaffung. Diese Wettbewerber des stationären Einzelhandels haben mit deutlich schlankeren Kostenstrukturen das Kaufverhalten nachhaltig neu konditioniert. Zudem gibt es Wettbewerber, die bestimmte Sortimente als Postenware ohne nachhaltige Listung anbieten. Die Folge dessen ist eine deutliche Umsatzverschiebung vom klassischen Handel in den E-Commerce. Es gilt, sich dieser Herausforderung zu stellen.
Der Wandel der Gesellschaft
Mehrere Faktoren haben innerhalb einer Generation das Gesellschaftsgefüge beeinflusst bzw. nachhaltig verändert. Das Bevölkerungswachstum konzentriert sich sehr stark auf die Ballungsräume, ein deutlicher Trend der Urbanisierung ist zu erkennen. Die angestammte Handelsstruktur in diesen Ballungsräumen ist von den vorgenannten Entwicklungen weniger bedroht, da der Zuzug von neuen Konsumenten die Umsatzverschiebung teilweise kompensiert. In den Mittelzentren oder gar ländlichen Bereichen ist eine ganz deutliche Erosion zu erkennen, erst recht, wenn große Shopping-Malls in den Bereichen Fuß gefasst haben. Ein weiterer bevölkerungsrelevanter Faktor ist das Aufkommen neuer Lebensmodelle, teilweise auch bedingt durch den demografischen Wandel. Immer mehr Ein- und Zweipersonenhaushalte mit ganztägig beschäftigten Angehörigen beeinflussen das Beschaffungsverhalten nachhaltig. Verschärft wird die Situation durch neue Lebens- und Wertemodelle, die durch neue Möglichkeiten wie z. B. die Sharing-Economy beschleunigt werden.
Das Selbstverständnis des Handels
Generell lässt sich die zukünftige Aufgabe des Handels in einen Satz vereinen: Der stationäre Handel ist nicht mehr der Versorger der Republik, sondern zukünftig viel mehr ein Freizeitangebot! Viele Jahre hat der stationäre Handel die Entwicklung unterschätzt und mit teilweise halbherzigen Maßnahmen versucht, diese zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Anstatt Konsumenten mit neuen Konzepten für das eigene Format zu begeistern, wurde häufig versucht, durch Intensivierung historisch bewährter, aber nicht mehr wirksamer Rezepte den Weg in die Zukunft zu finden. Dabei haben mutige Kaufleute mit gänzlich neuen Konzepten bewiesen, dass man als stationärer Händler gegenüber virtuellen Wettbewerbern deutliche Vorteile hat, die jenseits des Preises liegen. Diese Kaufleute haben sehr großen Erfolg mit der konsequenten Ausspielung dieser Vorteile.
Der stationäre Handel ist nicht
mehr der Versorger der Republik,
sondern zukünftig viel mehr
ein Freizeitangebot!
Die Veränderung der Innenstädte
In vielen Innenstädten hat dieser Wandel zu massiven Veränderungen geführt. Neben deutlichen Leerständen hat sich auch das Handelsportfolio maßgeblich verändert. Attraktive Formate, die als Ankermieter weitere Frequenzbringer nach sich ziehen, sind ausgeblieben oder abgewandert. Die Folge ist ein weiterer Schwund der Kaufkraft und eine rasante Talfahrt der Immobilienwerte. Viele Städte konnten diese Spirale nicht mehr aufhalten, man spricht in der Tagespresse bereits von einer Verödung der Innenstädte.
Die Innenstadt als unverzichtbarer Lebensraum
Der gesunde Mix einer prosperierenden Innenstadt besteht aus vier Säulen: Handel, Gastronomie, Kunst / Kultur und Wohnen. Diese Kernelemente des Lebensraumes Innenstadt sind untrennbar miteinander verknüpft, wobei dem Handel dabei eine besondere Rolle zukommt. Jede Veränderung im Bereich Handel hat unmittelbar Einfluss auf die anderen Bereiche. Umgekehrt ist der Effekt nicht so deutlich, was wiederum nachweist, wie wichtig der Handel als Fundament einer gesunden Innenstadt ist.
Die bereits beschriebenen Veränderungen sind nicht ohne Reaktionen geblieben. Es sind viele Initiativen und Projekte in verschiedenen Städten zu beobachten, die Antworten auf diese Veränderungen liefern sollen. Dabei ist festzustellen, dass die Projekte wesentlich effizienter sein könnten und mehr Erkenntnisse liefern würden, wenn sie alle am gleichen Ort stattfinden würden. Der Grund dafür ist offensichtlich: In Deutschland fehlt eine Art Life-Lab, in dem unter echten Bedingungen Innovationen im Handel marktforscherisch begleitet getestet werden können. Seit dem Rückbau des Future Stores der Metro Group in Tönisvorst gibt es keinen Ort für derartige Aktivitäten, der auch ein Symbol für die Innovationskraft des stationären Handels darstellt. Kurz gesagt: Konzepte zur Belebung des Handels und der Innenstädte brauchen ein Zuhause, in dem nicht nur die Konzepte selbst, sondern auch Synergien und Interdependenzen getestet werden können.
Die Chancen hinter den Veränderungen
Jahrelange Erfahrungen im Bereich Handel und Innovationen sowie die Beobachtungen der nationalen und internationalen Handelslandschaft zeigen, dass der stationäre Handel allein das Problem nicht lösen kann. Aufgrund der Komplexität kann diese Entwicklung nur kollaborativ angegangen werden. Dies wird u. a. auch durch eine Untersuchung des Instituts für Handelsforschung (IFH) aus 2015 gestützt. Die Analyse des IFH bestätigt den nachfolgend beschriebenen Projektansatz mit dem Kernsatz der Studie:
„Keine attraktiven und vitalen Innenstädte ohne Handel und kooperierendes City-Management“.
Aus meiner Sicht ist noch folgender Aspekt zu ergänzen: Kein Handel ohne eine deutliche Neuausrichtung bestehender Handelsformate!
Wie sieht die Chance konkret aus? Die gmvteam GmbH und die Stadt Langenfeld haben sich zusammengetan und wollen gemeinsam Wege und Ergebnisse aufzeigen, wie den aktuellen Entwicklungen begegnet werden kann. Dazu werden drei Interessengruppen miteinander vereint:
- die Städte und der Handel, die sich verändern müssen;
- Industrie und Dienstleistung, die neue Konzepte entwickeln und testen wollen;
- der hybride Kunde mit einem veränderten Kaufverhalten.
2016 wurde das Projekt „Future City Langenfeld“ ins Leben gerufen, welches die Zukunft für Handel, Stadt und vor allem den Menschen in den Städten in einem immer volatileren Umfeld gestalten soll.
Das Projekt „Future City Langenfeld“ entsteht
Die Vision
In einem Initiativworkshop haben sich die Stadtspitze und die gmvteam GmbH eine Vision gegeben, auf die alle Maßnahmen des Projektes einzahlen:
„Langenfeld ist die Modellstadt für die innovative Zukunft des Handels und des Erlebnisraums Innenstadt.“
Hier werden nationale Aktivitäten zur Verbesserung der städtischen Infrastruktur, des Handels und des Lebensraumes Innenstadt vereint. In einer Kombination aus öffentlichem und privatwirtschaftlichem Engagement wird eine Initiative geschaffen, die gemeinsam an den Werkzeugen für den Handel von morgen und dem Lebensraum Innenstadt arbeitet.
Konkret: Jedes Unternehmen, jede Institution und jede Hochschule, das / die sich mit Veränderungen in dem Bereich beschäftigt, bekommt die Möglichkeit, diese in einer einzigartigen Life-Umgebung umzusetzen. Mit dieser kollaborativen und integrierten Konstellation ergeben sich neue Möglichkeiten der Erkenntnisgenerierung und -bewertung gegenüber klassischen „Labor-Umgebungen“.
Eine große Basis für die einzuleitenden Schritte war die Studie „Vitale Innenstädte“ des IFH, die aufgezeigt hat, dass der Erlebnischarakter eine sehr hohe Relevanz für die Besucher der Innenstadt darstellt.
Die organisatorische Zuordnung
Das Projekt wird organisatorisch im Rahmen einer Initiative geführt, in der Partnerunternehmen aus dem Umfeld des Handels, Forschungsinstitute und Hochschulen, lokale Händler, Verbände sowie die Langenfelder Stadtentwicklungsgesellschaft vereint agieren. Die Initiative und deren Projekte finanzieren sich aus Partnerbeiträgen und öffentlichen Mitteln. Die gmvteam GmbH gründete 2015 die Initiative, übernahm das Management, die Organisation und Administration und agiert als zentraler Ansprechpartner für das Projekt.
Das Projektziel
Das Projekt hat mehrdimensionale Zielsetzungen. Einerseits sollen die negativen Begleiterscheinungen der aktuellen Strukturveränderungen verhindert werden, die da wären:
- Angehende Verödung der Zentren kleiner und mittlerer Städte
- Wertevernichtung im Immobilienbereich
- Kaufkraftabwanderung
- Einhergehender Bevölkerungsschwund
- negative Entwicklung der Gemeindefinanzen
- Einfluss auf die Lebensqualität einer Stadt
Durch die einmalige Kombination und Integration von Zukunftstreibern aus Wirtschaft, Handel und Forschung wird das Projekt über Jahre hinaus zu einem branchenübergreifenden Leuchtturm. Die nationale und internationale Aufmerksamkeit wird sich positiv auf das innovative Image der Stadt Langenfeld und das Land NRW auswirken.
Die Projektvorgehensweise
Das Projekt gliedert sich in drei Phasen:
- Abbau von Zutrittshürden zur Innenstadt
- Steigerung des Erlebnisfaktors der Innenstadt
- Steigerung der Instore-Experience und Entwicklung neuer Handelsformate
Aufgrund der zur Verfügung stehenden Ressourcen werden diese Schritte sequenziell abgearbeitet, um schnell verwertbare Ergebnisse zu erzielen. Diese werden anhand von drei Kennzahlen gemessen, die an sich gesehen immer schon die höchste Relevanz hatten: Frequenz, Aufenthaltsdauer und Kaufkraftimport. Alle Maßnahmen werden anschließend marktforscherisch auf ihre Effizienz hin untersucht. Damit soll gewährleistet sein, dass die Erkenntnisse, die evtl. für eine Multiplikation in anderen Städten in Frage kommen, durch Zahlen bewiesen sind.
Im Rahmen der ersten Evaluation wurden zuerst die Zutrittshürden zur Innenstadt untersucht. In vielen Workshops und Gesprächen mit Händlern, Bürgern und Institutionen sind folgende Schwerpunkte identifiziert worden:
- Parken in der Stadt
- Sichtbarkeit der Händler im digitalen Raum
- Verschiedene Öffnungszeiten in der Stadt
Zuerst wurden wissenschaftliche Arbeiten zu diesen Themenbereichen recherchiert, die dann in die zu erarbeitenden Lösungsansätze integriert wurden.
Abbau der Zutrittshürde 1: Parken
Das Projektteam wollte ein Hauptproblem des innerstädtischen Handels als Erstes angehen: Den Abbau der Parkgebühren und das umständliche Handling des gesamten Parkprozesses. Gemeinsam mit Partnern wurde eine Lösung entwickelt, in der teilnehmende Bürger mit zwei Funk-Chipkarten ausgerüstet wurden: Eine für das Auto, eine für den Schlüsselbund unter der Bezeichnung „Stadtschlüssel Langenfeld“.
Mit der einen Karte kann man bequem und berührungslos ins Parkhaus ein- und ausfahren, mit der anderen wird durch Registrierung am PoS bei jedem Einkauf ein Bonus gutgeschrieben. In einer Datenbank werden die Daten anschließend abgeglichen und die Parkgebühren verrechnet. Die Ursprungsidee wurde von der Hoffnung getragen, dass sich durch den fehlenden Parkdruck die Aufenthaltsdauer und Frequenz in der Innenstadt erhöhen. Am 5. September 2017 ist das Projekt live gegangen, vier Monate später nutzen 2 340 Bürger das bequeme Parken. Knapp eine Mio. Euro Umsatz wurden in der Zeit bonifiziert und sorgten für 29 000 kostenlose Parkvorgänge.
Im Rahmen einer Bachelor-Thesis wurde eine Umfrage bei den Nutzern durchgeführt, die folgende Ergebnisse hervorbrachte:
- 87 % benutzen den Stadtschlüssel regelmäßig
- 93 % finden den Scanvorgang des Stadtschlüssels befriedigend bis sehr gut
- 98 % sind mit dem automatisierten Parkvorgang zufrieden
- 20 % lassen sich dadurch mehr Zeit beim Einkaufen
- 41 % bevorzugen bewusst Händler, die am Stadtschlüsselprogramm teilnehmen
Zukunftsgerichtet wird der Stadtschlüssel ebenso wie alle weiteren Entwicklungen in die Smart-City-Infrastruktur integriert, die zurzeit in der Entwicklung ist. Diese Datenplattform, welche die Einbindung und Verknüpfung verschiedener Quellen, Daten und Inhalte der Stadt ermöglichen wird, ist der Dreh-und Angelpunkt für eine „Smart City“. Dort werden zukünftig nicht nur die oben erwähnten Aktivitäten, sondern auch Themen wie Mobilitäts- und Energiekonzepte und viele weitere Entwicklungen intelligent eingebunden und verbunden werden.
Abbau der Zutrittshürde 2: Mehr Sichtbarkeit im digitalen Raum
Studien haben ergeben, dass der Kunde oft online alles über den beabsichtigten Kauf recherchiert und dann doch offline kauft – der sogenannte ROPO-Effekt (Research online, Purchase offline). Voraussetzung für den beabsichtigten stationären Einkauf ist es, das Produkt in der Nähe zu finden. Dazu braucht es eine Online-Anzeige der lokalen Produktverfügbarkeit. Für einen reinen Omnichannel-Händler wie zum Beispiel Media Markt, der über ein integriertes Warenwirtschaftssystem verfügt, ist dies ohne Probleme möglich; für den kleinen inhabergeführten Handel galt dies bis vor kurzem nicht. Genau hier setzt Google mit dem Service „Google Local Inventory Ads“ (LIA) an. Stationären Händlern wird ermöglicht, ihr lokales Sortiment über die Google-Suche ins Internet zu bringen und zu bewerben. LIA sind Google-Anzeigen, die dem Endkunden angezeigt werden, sobald er auf Google nach einem bestimmten Produkt sucht, das von einem stationären Händler in seiner näheren Umgebung angeboten wird. Sucht ein Kunde auf Google nach einem Produkt, das ein Händler in seiner näheren Umgebung über Local Inventory Ads bewirbt, erscheint die Werbeanzeige neben den Product-Listing-Ads in der Google-Suche.
Integration in neue Google-Services
Große Online-Shops oder Handelskonzerne nutzen diese Chancen vielfach schon, indem sie ihre IT-Systeme, Warenwirtschaftssysteme über Schnittstellen mit den Google-Servern verbinden, sodass Google stets Informationen über Bestände und Preise aktuell kommunizieren kann. Die große Herausforderung bestand darin, diese Möglichkeit auch den kleineren Händlern zu eröffnen. Diese war schnell gefunden. Ein Kreativhaus in Langenfeld verfügt über eine große Auswahl an Wolle, Strick- und Häkelzubehör, Perlen und Bastelartikeln. Neben den herkömmlichen Werbemaßnahmen und Live-Events wollte der engagierte Eigentümer auch die Chancen der Digitalisierung ausloten. Ein idealer Partner für dieses Projekt also: Klein, mit einem haptischen Sortiment und kein Online-Shop.
Da das Warenwirtschaftssystem keine direkte Verbindung mit den Google-Servern zuließ, mussten die benötigten Informationen manuell erstellt und eingepflegt werden. Dazu wurde von dem Team eine Auswahl des verfügbaren Wollsortimentes mit eigenen Mitteln digitalisiert und ansprechendes Bildmaterial erstellt. Im zweiten Schritt wurde der Warenbestand mit Preisinformationen mit Google Local Inventory verbunden und so im Juni 2017 das Warenangebot des Langenfelder Einzelhändlers live geschaltet. Danach galt es, das Anzeigenangebot von Google zu nutzen, um den lokalen Händler in der Google-Suchposition nach oben zu bringen. Innerhalb eines begleitenden Studienzeitraums von vier Wochen wurde das Anzeigenbietverhalten Stück für Stück optimiert.
Der Erfolg bleibt nicht aus
Schnell führte es dazu, dass der kleine Händler im Großraum Köln Düsseldorf bei geringem Mitteleinsatz bei Google Shopping an erster Stelle stand – ein Riesenerfolg. Während des 30-tägigen Testzeitraums konnten durchschnittlich 300 Impressionen und fünf bis sechs Kundeninteraktionen (Klicks) pro Tag erreicht werden. Nicht nur das: Das Kreativhaus war damit der erste eigentümergeführte Einzelhändler in Deutschland, der über die Funktion „in der Nähe“ bei den Google-Shopping-Ergebnissen angezeigt wurde und das mit nachhaltigem Erfolg, denn das Kreativhaus nutzt Local Inventory Ads auch nach Ende der Testkampagne und setzt den Service weiterhin ein.
Abbau Zutrittshürde 3: Unabhängigkeit von Öffnungszeiten
Mittlerweile ist allgemein bekannt, dass der Shopper in der Innenstadt einheitliche Öffnungszeiten erwartet. Aber gerade von inhabergeführten Läden ist diese Leistung nicht immer zu erwarten, da der Inhaber oft selbst im Laden steht und schlecht jeden Tag zehn bis zwölf Stunden hinter der Theke sein kann. Genau dafür wird aktuell in Langenfeld eine Lösung getestet, die das Problem lösen soll: Windowshopping. Windowshopping-Lösungen gibt es schon länger, was sie aber immer brauchen, ist ein Webshop. Leider haben aber genau diese kleinen Formate genau diesen nicht, wollen aber trotzdem Shopper für sich begeistern. Wie kann man das nun lösen? Es wurde sich dabei folgende Frage gestellt: Wenn der Shopper vor dem geschlossenen Laden steht, wie kann ich ihn zum Wiederkommen animieren? Die Lösung ist ein Dreiklang: Animieren, Aktivieren und Incentivieren. Und so funktioniert es:
Phase 1: Animieren
Im Schaufenster eines Modegeschäftes wird jenseits der Öffnungszeiten ein Monitor aktiviert, auf dem die aktuelle Kollektion gezeigt wird. Begleitend wird eine aufmerksamkeitslenkende Beklebung zur Bewerbung angebracht. Der Kunde wird dabei animiert, einen angezeigten Barcode mit dem Smartphone zu scannen, um sich mit dem Screen zu verbinden.
Phase 2: Aktivieren
Alle dokumentierten Teile der Kollektion werden dem Kunden nun auf seinem Smartphone angezeigt. Leider kann er sie mangels Webshop nicht direkt ordern oder reservieren lassen. Aber es macht durchaus Sinn, den Kundenkontakt für eine andere Art der Aktivierung zu nutzen: den „Comeback-Effekt“. Der Kunde soll aktiviert werden, während der Öffnungszeiten den Store erneut zu besuchen.
Phase 3: Incentivieren
Der Kunde bekommt einen Gutschein, mit dem er einen personalisierten Rabatt beim nächsten Einkauf erhält.
Die Erkenntnisse
Obwohl die Erwartungshaltung von Beginn an nicht sehr hoch angesiedelt war, konnte das Ergebnis nicht überzeugen: Zu wenig Kunden sind bereit, sich während eines Schaufensterbummels mit digitalen Inhalten zu beschäftigen. Ebenso hat die begleitende Marktforschung gezeigt, dass die Benutzerführung nicht eindeutig genug war. Unterm Strich hat sich dieses Teilprojekt als nicht multiplizierbar herausgestellt.
Der nächste Schritt: Die WhiteBox
Mittlerweile hat auch die Landesregierung NRW mit dem Förderaufruf „Stationären Handel digital denken“ dieses Projekt mit unterstützt. In einem Teilprojekt mit dem Namen „WhiteBox“ sollte ein öffentlicher und zugleich stationärer Raum entstehen, der einen möglichst nahtlosen Zugang zum digitalen Erlebnisraum ermöglicht. Darin sollten auch neue Handelslösungen erprobt werden, die aufzeigen, wie die Transformation des stationären Handels zu einem Erlebnisort vollzogen werden kann.
Das Konzept der WhiteBox
Die WhiteBox ist ein Leerstand von 300 qm im Marktkarree Langenfeld, in dem vier Nutzungsszenarien umgesetzt werden:
- der „Pop-up Future Store“: eine Retail-Fläche zum Testen neuer Formate
- die Technik-Welt, in der leicht anwendbare Technologien dem interessierten Händler erklärt werden
- der Working-Hub, ein Coworking-Meeting-Raum
- der Welcome-Bereich
Die WhiteBox wird von ihren Besuchern als Ort wahrgenommen, an dem man digitale Technologien und Anwendungen ausprobieren kann und ein Verständnis für den „stationär-digitalen Erlebnisraum“ erlangt. Dies gilt für die drei Kern-Interessengruppen und ist durch Befragungen fortlaufend sicherzustellen.
- User (Kunden bzw. Besucher der Stadt Langenfeld) können stationär-digitale Erlebnisse entlang der Shopper-Journey ausprobieren.
- Händler (Gastronomen, Dienstleister und Serviceanbieter) aus Langenfeld (und Umgebung) werden über digitale bzw. stationär-digitale Anwendungen, Lösungen und Konzepte informiert und aufgeklärt und können diese zeitlich begrenzt ausprobieren.
- Digitale Lösungsanbieter können ihre innovativen Produkte und Konzepte darstellen und weiterentwickeln.
Die Raumgestaltung ist dabei flexibel gehalten, um verschiedene Szenarien abbilden zu können. Dazu wurden stoffbespannte und hinterleuchtete Raumteiler angeschafft, die zudem durch verschiedene Bedruckungen dem Zweck individuell angepasst werden können.
Zusammenfassung
Bisher hat das Projekt, das ja ohne große Anfangsinvestitionen gestartet ist, seine Erwartungen erfüllt. Die fehlenden Mittel haben dabei sogar eine gute Auswirkung gehabt: Man war gezwungen, Wege zu finden, die bewusst auf Kosteneffizienz hin ausgerichtet waren. Das ist ein wichtiger Punkt, um gute Voraussetzungen für eine spätere Skalierung in andere Städte zu schaffen. Und genau das ist der Zweck des Projektes: Rezepte mit bewiesenem Ergebnis zu erarbeiten, an denen sich andere Städte orientieren können. //
Wie geht es nun weiter? Speziell der Erlebniswert der Innenstadt und die weitere Digitalisierung der Händler stehen im Fokus. Falls sich jemand von den Lesern beteiligen möchte: Gern, wir freuen uns über jeden Vorschlag!
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